"Wir sind an unsere Grenzen gekommen" – Wenn Helfer Hilfe brauchen

Was gestern Mittag zunächst wie ein Bagatelleinsatz begann, wird viele unserer Kameraden noch länger beschäftigen und sicher nachhaltig prägen. Gegen 10:40 Uhr wurden wir zu Absicherungsmaßnahmen bei einem Verkehrsunfall auf der B456 Richtung Usingen alarmiert. Klar war lediglich, daß es Verletzte gibt und der Rettungsdienst ebenfalls alarmiert ist. Im Normalfall bedeutet das Straße sperren, Rettungsdienst bei Bedarf unterstützen, Brandschutz sicherstellen und vielleicht auslaufende Betriebsmittel aufnehmen.
Nicht so dieses Mal. Eine erste Erkundung vor Ort ergab, daß wir es mit einer schwer verletzten Mutter und einem schwerst verletzten Kleinkind zu tun hatten. Das Kind war zudem im Fahrzeugwrack eingeklemmt und musste im weiteren Verlauf wiederbelebt werden.

"Das Kind hat am Anfang laut geschrien, das war schon schlimm für uns. Doch richtig schlimm wurde es erst, als es nicht mehr geschrien hat und plötzlich Ruhe an der Einsatzstelle war", berichtete später ein Kamerad.
"Wir sind mit unserer Mannschaft und den Einsatzmitteln an eine Grenze gekommen. Leider wissen wir noch nicht, ob es uns am Ende gelungen ist dem Kind das Leben zu retten" sagt Wehrführer Hendrik Solz. "Wir haben viele junge Familienväter hier, auch der Notarzt ist junger Vater" beschreibt Einsatzleiter Alexander Lehr die Situation seiner Einsatzkräfte. Und so war schnell klar, daß man nach diesem Einsatz nicht so einfach wieder auseinander gehen könnte um den Rest des Sonntags mit den Familien zu verbringen.

Noch während die Aufräumarbeiten an der Einsatzstelle liefen wurde eine Einsatznachbesprechung unter Federführung des SBE-Teams (Streßbewältigung für Einsatzkräfte) des DRK Kreisverband Hochtaunus e.V. organisiert. Diese fand mit dem notwendigen Abstand in der Fahrzeughalle in Grävenwiesbach statt. Hier konnte im Nachgang jeder über das Erlebte sprechen und seine Eindrücke und Gefühle mit den anderen Kameraden teilen. Auch die Besatzungen des NEF vom DRK Kreisverband Hochtaunus e.V. und der beiden RTWs vom Malteser Rettungsdienst Hochtaunus nahmen daran teil. "Es tat gut sich das alles mal von der Seele zu reden und zu hören, daß auch andere ganz ähnliche Gefühle haben" sagte später ein Kamerad.

Festzuhalten bleibt, daß gestern jeder einen verdammt guten Job gemacht hat. Jeder einzelne war wichtig und hat zum Gelingen des Großen Ganzen beigetragen, egal in welcher Position. Die Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen und der Polizei Westhessen hat hervorragend funktioniert.

In Gedanken sind wir noch lange bei der verunfallten Mutter mit ihrem Kind und verzichten bewußt an dieser Stelle auf eine Berichterstattung mit Bildern von der Einsatzstelle.

#wirfürgrävenwiesbach #gemeinsamstark